Ich muss zugeben: ich leide unter einer besonderen Form von Neid. Ich bin neidisch auf alle, die kein Auto besitzen! Seit über einem Jahr versuche ich, meine Familie zu überreden, unser Auto zu verkaufen, aber der „Absprung“ ist gar nicht so einfach. „Warum willst du es eigentlich loswerden? Entscheidend ist doch, dass ihr nicht damit fahrt“, meint ein Freund immer, wenn ich wieder jammere. Stimmt ja irgendwie, denn das Auto steht an sechs von sieben Tagen in der Garage herum: An einem Tag in der Woche bringe ich unser Töchterchen zum Reiten nach Altusried. Ein kleiner umweltfrevlerischer Luxus, den wir ihr gönnen. Und gelegentlich fahren wir am Wochenende mit dem Auto in die Berge oder zu den Großeltern. Abgesehen davon ist die gesamte Familie immer zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs. Bei jedem Wetter.
Und trotzdem: ohne eigenes Auto wäre endlich ausreichend Platz in der Garage für unsere Räder und den Fahrradanhänger, wir müssten uns nicht mehr um TÜV und Radwechsel kümmern und das Geld für die Versicherung würden wir zudem sparen. Für gelegentliche, unvermeidliche Fahrten gibt es schließlich Carsharing – stets mache ich Werbung dafür; es wäre doch das Mindeste, den Service selbst zu nutzen und damit zu unterstützen. Gewiss wäre es eine Umstellung, aber eigentlich würde sich nicht viel an unserem Alltag ändern. Kurz gesagt: Die Vorteile überwiegen in meinen Augen deutlich.
Dennoch steht die Blechkiste immer noch in der Garage. Und warum? Erstens müsste „man“ sich diesen letzten endgültigen Ruck geben, zweitens den Verkauf organisieren, drittens sich um die Anmeldung beim Carsharing kümmern. Manchmal wünschte ich, das Auto ginge einfach kaputt und würde vollendete Tatsachen schaffen. Einstweilen blicke ich weiter neidvoll auf alle, die es „geschafft“ haben. Das sind aktuell fünf Glückliche, darunter drei Familien mit Kindern. Keiner von ihnen vermisst ein eigenes Auto. Wie obengenannter Freund, über den kürzlich ein Artikel in der AZ erschien. Mit freundlicher Genehmigung der AZ dürfen wir den Artikel hier veröffentlichen:
(Gesine Weiß)