Die Wettbewerbsauslobung für das Saurer Allma-Gelände steht. Unwahrscheinlich, dass sich in der Stadtratsitzung nächste Woche (17.12.) noch etwas ändert. Dem Vernehmen nach haben sich Stadträte und Verwaltung sehr für mehr Nachhaltigkeit eingesetzt und die Änderungen in der aktuellen Fassung der Wettbewerbsauslobung hart erkämpft. Allen Respekt dafür! Man sieht auch deutlich, dass Herr Singer einen großen Schritt gegangen ist und in vielen Punkten sicher über sich selbst hinausgewachsen ist.

Trotzdem bleibt die Auslobung hinter den Erwartungen an eine Klimakommune zurück. Merkwürdig: Für den Bau von städtischen Gebäuden gilt seit zehn Jahren Passivhausstandard und die Sozialbau ist, vereinfacht gesagt, in städtischem Besitz – deshalb lautet für mich die größte Frage: warum lässt die Stadt zu, dass die Sozialbau auf die laschen Energieeffizienz-Vorgaben beharrt und keine konkreten Nachhaltigkeitsmaßstäbe (Ökobilanz LCA/SNAP-Empfehlungen des BMU) ansetzt? Kann da nicht mal jemand auf den Tisch hauen? Oder trauen sich OB und Stadträte letzten Endes selber nicht, den richtig großen Sprung zu wagen? Das werden wir wohl nie erfahren. Mir wurde im Bauausschuss am Donnerstag klar, dass die wesentlichen Entscheidungen (und Machtkämpfe) längst hinter den Kulissen gelaufen sind.

Einige wichtige Verbesserungen sind zuletzt noch in die Auslobung eingearbeitet worden:

> Die Stadt Kempten wird die Bäume auf dem Gelände vorab kartieren. Das lässt auf einen gewissen Schutz für den Baumbestand hoffen.

> Bei den Vorgaben zur Konstruktion wurde die „Lebenszyklusbetrachtung“ aufgenommen, allerdings ist sie laut Auslobungstext lediglich „von Bedeutung“. Wie die Wettbewerbsteilnehmer und die Preisrichter das wohl interpretieren? Besser wäre: „wird zugrundegelegt“. Außerdem gibt es nach meinen Recherchen einen Unterschied zwischen der „Lebenszyklusbetrachtung“ und der (von uns geforderten)* Lebenszyklusbewertung (LCA). Die „Betrachtung“ ist keine vollständige Lebenszyklusbewertung, „vielmehr sollen die Umweltaspekte und Umweltauswirkungen eines Produktes oder einer Dienstleistung während des Lebensweges betrachtet und mögliche Verbesserungen geprüft werden.“* Sinnvoll wären aber vergleichbare, verbindliche Vorgaben. Ist das nun absichtlich so formuliert oder versehentliche Ungenauigkeit? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

An der Energieeffizienz KfW55 halten die Entscheidungsträger fest. Das ist enttäuschend für eine Stadt, die sich Klimaschutz auf die Fahnen schreibt und zeigt, dass die absolute Dringlichkeit der Klimakrise in den meisten Köpfen immer noch nicht angekommen ist. Besonders rätselhaft: Offiziell zugrundegelegt wird das GEG, in der Auslobung als „neu und innovativ“ bezeichnet. Dieses fordert gerade einmal den niedrigen KfW70-Standard. Im darauffolgenden Satz wird KfW55 als Mindeststandard genannt. Ja was nun?

Sei’s drum. Wir wollen optimistisch sein und darauf hoffen, dass die Wettbewerbsteilnehmer das Wort „nachhaltig“ als Herausforderung begreifen und sich trauen, ein wirklich zukunftsweisendes Quartier zu entwerfen!

* Zu unseren Vorschlägen für das Quartier am Engelhaldepark siehe auch den News-Beitrag Quartier an der Leonhardstraße: Entscheidung steht an!

(Gesine Weiß)