Die Studenten und Mitarbeiter der Hochschule dürfen sich freuen – und wir auch: Am Dienstag, 4.5. gab der Ausschuss für Mobilität und Verkehr endlich „grünes Licht“ für die Einrichtung einer Umweltspur zwischen Bahnhof und Forum. Auf jeweils einer der beiden Fahrspuren dürfen dann nur noch Busse und Fahrradfahrer fahren; Autos und Schwerlastverkehr teilen sich die andere Fahrspur. Das Projekt sollte eigentlich bereits letztes Jahr beschlossen werden, wurde aber vertagt, weil die CSU-Fraktion in letzter Minute um einen Ortstermin bat. Nach einer langen Diskussion hat die Mehrheit der Stadträte im Ausschuss (FW, Grüne, SPD und FFK) sowie OB Thomas Kiechle den Planungen der Verwaltung nun zugestimmt, mit drei Gegenstimmmen von Josef Mayr, Helmut Berchtold und Hilde Johns (CSU).

Zu Beginn der Sitzung stellte Amtsleiter Markus Wiedemann (Amt für Tiefbau und Verkehr) die Umgestaltung der Bahnhofstraße ausführlich vor. „Damit man sich auf Fakten stützen kann und nicht nach Bauchgefühl entscheidet“, hatte das Amt eigens eine Verkehrssimulation in Auftrag gegeben. Das Gutachten der Fachleute von VCDB bewertet die Umweltspur durchwegs positiv: Die Leistungsfähigkeit der Knotenpunkte bleibe erhalten. Verdrängungsverkehr oder nennenswerte Stauungen seien nicht zu erwarten.

Stadtrat Klaus Knoll (FW) bedankte sich ausdrücklich für den Ortstermin, bei ihm seien dadurch alle Bedenken ausgeräumt worden. Ganz anders die CSU-Fraktion: Trotz der rundum positiven Einschätzung durch die Experten hatten die Stadträte Berchtold und Mayr zahlreiche Vorbehalte. Josef Mayr wollte der Analyse keinen rechten Glauben schenken und verließ sich lieber auf das „Nutzergefühl“. Er sorgt sich um den Einzelhandel, um die Erreichbarkeit der Innenstadt. Die Besucher aus dem Süden sollten sich „eingeladen fühlen“ (was in seiner Wahrnehmung offenbar nur durch eine vierspurige Straße gegeben ist). Ihm bereitet zudem die Verkehrssicherheit der Radfahrer „Bauchweh“: es sei gefährlich, wenn ein Bus komme und der Radfahrer überholt werden müsse. Sein Parteikollege Helmut Berchtold konnte sich, obwohl Busunternehmer, genauso wenig mit der Umweltspur anfreunden: die Kontrollierbarkeit bei einer gestrichelten Linie sei nicht gegeben. Er befürchtet, dass „Busspurparker“ (in erster Linie Paketdienste) die Umweltspur blockieren könnten. Außerdem hat er Bedenken, dass „seine“ Busfahrer die Umweltspur als „Rennstrecke“ nutzen und die Radfahrer gefährden könnten. Na, dann hoffen wir mal, dass er seine Busfahrerinnen und Busfahrer im Griff hat und sie entsprechend anweist, Rücksicht zu nehmen! Vielleicht kann ja auch ab und zu die Polizei nach dem Rechten sehen…

FFK-Stadtrat Julius Bernhardt brachte es gut auf den Punkt: an Mayr gerichtet wies er darauf hin, dass auch Radfahrer Geld ausgeben [*erwiesenermaßen sind sie sogar, wie Fußgänger, die kauffreudigeren Kunden]. Mit der Umweltspur verbessere sich zudem die Erreichbarkeit des Zentrums für alle Radfahrer. Der Einzelhandel werde sicher nicht daran zugrundegehen. Und eine Verbesserung, gab er zu Protokoll, sei die Umweltspur auf jeden Fall. Denn die Ist-Situation ist gefährlich: aktuell teilen sich die Radfahrer die Spur nicht nur mit Bussen, sondern zusätzlich mit Autos sowie mit Schwerlastverkehr. „Der Vorschlag hat Hand und Fuß“, resümmierte Bernhardt. Auch Alex Buck (FW) und Thomas Hartmann sprachen sich deutlich für das Projekt aus – das Fahrrad „boomt“ und ist „fester Bestandteil moderner urbaner Mobilität“, so Buck. Es sei Zeit, ein gemeinsames Zeichen für eine Verbesserung der Infrastruktur zu setzen. Hartmann erinnerte daran, dass seit Generationen von Studenten beanstandet wird, dass es keine vernünftige Verbindung zwischen der Hochschule und der Stadt gibt. Zudem liege der besondere Charme darin, dass es nicht einmal eine Verdrängung des MIV gebe – die Planung sei „nur zu begrüßen“.

Ende April hatten der ADFC gemeinsam mit FFF, BUND Naturschutz, dem Freundeskreis Lebenswertes Kempten und weiteren Bündnispartnern für die Einrichtung der Umweltspur demonstriert – gut 100 Radfahrer übergaben die Forderungen an OB Kiechle und fuhren anschließend auf der üblichen Runde mit Polizeibegleitung durch die Stadt.

Ende gut, alles gut? Nun ja, schon. Eigentlich. Nur, wenn das in dem Tempo weitergeht, dauert es noch ein Weilchen, bis das Mobilitätskonzept umgesetzt ist…