Not macht erfinderisch. An diesen guten alten Spruch meines Vaters werde ich die Tage häufiger erinnert. Ganz konkret ist es meine verzweifelte Suche nach Hefe, die mich kreativ werden ließ. Meine Tochter brachte mich auf die Idee, einfach Hefe selber herzustellen. Am Anfang war ich skeptisch, wurde allerdings gleich bei der ersten Suchanfrage von guten Tipps und Rezepten überhäuft. Voll motiviert machte ich mich an den ersten Versuch: Wasser, Zucker und getrocknete Früchte in eine Flasche füllen, Deckel drauf und an einem warmen Ort fünf bis zehn Tage stehen lassen, dabei jeden Tag zweimal schütteln – hört sich alles easy an. (Genaue Anleitungen gibt es zum Beispiel bei utopia oder smarticular.)
Leider musste ich feststellen, dass der Teufel wie immer im Detail liegt: bei einer Geruchsprobe nach zwei Tagen haute es mich wirklich um… Das will keiner in seinem Kuchen haben! Also nochmal. Diesmal mit ausgekochter Flasche und Deckel! Das war schon besser. Nun wagte ich mich an die Umsetzung. 100 ml Hefesud auf 500 g Mehl, über Nacht stehen lassen. Der Teig machte danach allerdings nicht den gewohnten lockeren Eindruck.
Ich recherchierte weiter. Dabei stieß ich auf folgenden Fakt: Bei der Herstellung konventioneller Hefe werden chemische Stickstoffquellen, wie zum Beispiel Ammoniak, Ammoniumsalze und Laugen, sowie verschiedene Säuren (u.a. Schwefelsäure), synthetische Vitamine und Wuchsstoffe, eingesetzt. Die konventionelle Hefe muss nach der Fermentation mehrfach gewaschen werden, um unangenehme Geschmacks- und Geruchsstoffe zu entfernen. Das Abwasser ist stark belastet, nur schwierig zu reinigen und muss daher als Sondermüll entsorgt werden! Das hat mich geschockt.
Zum Glück gibt es Bio-Hefe. Da ist es wohl besser. Ein Hoffnungsschimmer für die Zeit nach Corona, denn wirklich überzeugt haben mich meine Frühstückssemmeln mit der selbst gemachten Hefe nicht. Wahrscheinlich ist es wie immer: Übung macht den Meister – wieder einen der guten alten Sprüche meines Vaters.
(Angela Isop)