Was tut sich in der Kemptener Stadtpolitik im Bereich Mobilität?
1. Die Umweltspuren in der Bahnhofstraße sind beschlossene Sache. Das heißt, je eine der bisher zwei Spuren wird in eine reine Bus- und Fahrradspur umgestaltet. Der Umbau beginnt voraussichtlich erst im kommenden Jahr, da im Winter temperaturbedingt keine Fahrbahnmarkierungen aufgebracht werden können.
2. Die Madlener Straße wird in eine Fahrradstraße umgewandelt. (Einstimmig beschlossen.)
3. Die Kronenstraße wird ebenfalls umgestaltet. Mit drei Gegenstimmen aus der CSU und acht Stimmen dafür (einschließlich OB Kiechle) wurden für den Bereich zwischen Grünbaumgasse und Gerberstraße folgende Maßnahmen beschlossen (Kostenpunkt: 220.000 €):
- Die Ein- und Ausfahrt wird am südlichen und nördlichen Ende durch Pflanzkübel verengt.
- Die 4,20 m breite Durchfahrt zwischen diesen Pflanzkübeln wird mit elektrisch versenkbaren Pollern versehen, die nachts ausgefahren sind und somit das nächtliche Durchfahrtsverbot durchsetzen. (Linienverkehr, Rettungsfahrzeuge, Anwohner, Räumfahrzeuge etc. können die Poller per Funk versenken)
- Das absolute Halteverbot auf Höhe des Rathauses wird durch Poller und Pflanzkübel geschützt.
- Es werden acht Kurzzeitparkplätze (15 Minuten) angelegt: Vier vom nördlichen Ende bis zur Bäckerei Wipper, vier in der Gerberstraße (bei den Häusern Gerberstr. 24 und Kronenstr. 28).
In der Diskussion warnte Josef Mayr (CSU) vor dem „Pollerzeitalter“. Die Kronenstraße dürfe nicht bevorzugt werden. Wenn man dem Wunsch nach Verkehrsberuhigung hier nachkäme, könnte dies Begehrlichkeiten in anderen Straßen wecken. Außerdem sei die Kronenstraße nicht so hoch belastet (nur 8.000 Kfz/Tag), es gäbe andere Straßen mit ca. 35.000 Kfz/Tag (Ring).
Julius Bernhardt (FFK) erwiderte, dass die Kronenstraße keine x-beliebige Straße sei, sondern ein sensibler Altstadtbereich und kulturelles Stadtzentrum. [Anmerkung Tobias Heilig, ADFC: Ein verkehrsberuhigter Bereich mit 8.000 Kfz/Tag ist zudem blanker Hohn.]
Wolfgang Hennig (SPD) sprach sich für eine Einbahnstraßen-Regelung aus.
Kritik von der CSU kam auch bezüglich der hohen Kosten für die Maßnahme.
Der ADFC Kempten-Oberallgäu begrüßt den Einbau der Poller und sieht darin eine Option für zukünftige weitere Sperrungen. Mobilitätsmanager Stefan Sommerfeld ist optimistisch: „Die Verengung auf eine Durchfahrtsbreite von 4,20 m auf beiden Seiten sorgt dafür, dass immer nur ein Fahrzeug passieren kann. Dadurch werden weniger Autos gleichzeitig innerhalb der Poller sein. Außerdem erhöht sich der Durchgangswiderstand beträchtlich, so dass man hoffen kann, dass insgesamt weniger Fahrzeuge die Kronenstraße als Durchfahrtsstraße verwenden. Die Poller am Fahrbahnrand verhindern das Parken und bewirken eine deutliche Komfortsteigerung für den Fußverkehr.“
Ich persönlich hätte eine Sperrung der Kronenstraße für den Durchgangsverkehr besser gefunden; ein einfaches Verkehrsschild wäre auch weitaus kostengünstiger. Das „Totschlagargument“, der Einzelhandel sei gefährdet, wenn man dort nicht mehr durchfahren kann, wird schon dadurch widerlegt, dass in der (autofreien) Fußgängerzone der Andrang an shoppenden, flanierenden Menschen weit größer ist als in der „ungemütlichen“ Kronenstraße. Auch der renommierte Verkehrsexperte Heiner Monheim bestätigte uns, dass der Einzelhandel in den Innenstädten von Radfahrern und Fußgängern mehr profitiert als von Autofahrern. Und ob sich die Autofahrer*innen wirklich vom „Rückstau“ abschrecken lassen? Ich befürchte, dass sie lieber murrend im Stau stehen als ihre Gewohnheiten zu ändern. Aber ich freue mich, wenn ich eines Besseren belehrt werde!
(Gesine Weiß, auf der Grundlage des Sitzungsprotokolls von Tobias Heilig, ADFC)