Was tut sich in Kempten in Sachen Mobilität und Verkehr? Die wichtigsten Themen aus der letzten Sitzung des Ausschusses für Mobilität und Verkehr vom 1. Oktobert 2024:
1. Der Standort für den neuen nördlichen Bus-Umsteigepunkt nach der Auflösung der ZUM steht fest: Der Hofgarten-Parkplatz (oder „Klecks-Parkplatz“) an der Rottachstraße gegenüber der Feuerwehr ist laut Verwaltung am besten geeignet – das Gelände befinde sich in städtischem Eigentum und liege strategisch günstig nahe der Innenstadt, so Mobilitätsmanager Stefan Sommerfeld. 2025 geht weitgehend für die Planung und Vorbereitung drauf, bis September 2026 soll der neue Umsteigepunkt dann fertig sein. Future-for-Kempten-Stadtrat Julius Bernhardt kritisierte, dass das Problem des Interimsstandortes immer noch nicht gelöst sei. Sein Einwand wurde jedoch vom 2. Bürgermeister Klaus Knoll (der die Sitzung in Vertretung für OB Kiechle leitete) und dem Tiefbauamt höflich wegmoderiert – es bleibt also offen, wo die Fahrgäste in der Zeit zwischen der Auflösung der ZUM (mit dem Neubau des Sparkassen-Gebäudes) und der Fertigstellung des neuen Standorts umsteigen sollen. Mir wiederum bereitet Sommerfelds Anmerkung Bauchgrummeln, dass für den Umbau gegebenenfalls Bäume gefällt werden sollen. Details wurden jedoch noch nicht bekanntgegeben.
2. Im Rahmen des „Smart City“-Projekts wollte die Verwaltung eigentlich eine eigene Software zur Verkehrsmodellierung entwickeln. Diese Idee wurde aus Kostengründen verworfen. Stattdessen sollen an ca. 20 bis 25 Stellen im Stadtgebiet Sensoren aufgestellt werden, um Verkehrsströme zu erfassen. Die gesammelten Daten können dann bei der Vergabe von Projekten von externen Dienstleistern herangezogen werden. Thomas Hartmann (Grüne) warnte davor, dass solche Messungen das Vorgehen zementieren, sich nach dem MIV zu richten und Autoverkehr gewissermaßen als „gottgegeben“ hinzunehmen. Wie ich finde, nennt er einen wichtigen Punkt.
3. Eine ausgiebige Diskussion entspann sich um die Frage, ob auf der Kaufbeurer Straße zwischen Berliner Platz und Dieselstraße Tempo 50 (statt Tempo 60) angeordnet werden soll. Der Knotenpunkt Peter-Dörfler-Straße wird zur Erschließung der Ari-Kaserne umgebaut. In dem Zuge muss gemäß der aktuellen Gesetzeslage die (Kaufbeurer) Straße entweder verbreitert und auf der gesamten Länge ein Mittelstreifen mit Schutzplanken eingezogen werden (womit eine Art Stadtautobahn entstehen würde) oder alternativ die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h reduziert werden. Die Verwaltung nannte die Vorteile der zweiten Option: kleinere (bzw. gleichbleibende) Verkehrsfläche, Lärmminderung um ca. 1 bis 2 Dezibel, Abgasminderung um ca. 5 bis 10%, geringerer Pflegeaufwand – bei einem Zeitverlust von 17 Sekunden. Wer nun denkt, es sei doch klar, dass alles für die Tempo-50-Variante spricht, hat die Rechnung ohne die CSU gemacht: Alle drei CSU-Stadträte (Josef Mayr, Hilde John und Stephan Prause) stimmten GEGEN Tempo 50. Das Argument von Stadtrat Mayr (wenn ich ihn denn richtig verstanden habe): Man schaffe damit einen Präzedenzfall und am End‘ wird dann auch noch der Ring auf Tempo 50 reduziert, was es auf jeden Fall zu verhindern gelte! Ich erspare mir dazu weitere Kommentare … Die Mehrheit der Stadträte (Freie Wähler, SPD und Grüne) stimmte zum Glück FÜR die Beschränkung auf Tempo 50.
Zum Schluss ein kleiner Lichtblick für alle, die der Meinung sind, man müsse nicht unbedingt mit 60 km/h durch die Stadt fahren: Die Verwaltung merkte an, dass eine solche Entscheidung auch für den Ring früher oder später ansteht, da bei jeder baulichen Veränderung die gleichen Gesetze greifen wie im obigen Fall.
4. Im Anschluss nahm die Verwaltung Stellung zu einem Vorschlag der Altstadtfreunde, den gesamten Innenstadtbereich östlich der Fußgängerzone in einen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln. Momentan herrscht dort ein buntes Nebeneinander verschiedener Regelungen, von Schrittgeschwindigkeit im Verkehrsberuhigten Bereich über Tempo 20 (verkehrsberuhigter Geschäftsbereich, wo z.B. der Anlieferverkehr im Vordergrund steht) und Tempo 30 bis zu Tempo 50. Leider beschied die Verwaltung, es gebe verkehrsrechtlich keinen zwingenden Grund, das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit zu reduzieren. Dies sei nur dort geboten, wo der Fußverkehr im Vordergrund stehe. Das sei in manchen der Straßen nicht der Fall. Außerdem müsste der gesamte Bereich wegen gesetzlicher Vorgaben baulich verändert werden, um bestimmten Kriterien eines „Verkehrsberuhigten Bereichs“ zu entsprechen und dafür sei kein Geld da (klar, Totschlagargument!). Ich persönlich finde es sehr schade, dass diese charmante Idee nicht aufgenommen wurde.
5. Der Rottachradweg bleibt voraussichtlich noch länger gesperrt. Anfang des Sommers hatten starke Regenfälle im Bereich unterhalb der Klinik einen Hangrutsch ausgelöst; laut Tiefbauamtsleiter Markus Wiedemann sind Teile des Weges unter einer fünf Meter hohen Erdschicht begraben. Die Räumung gestalte sich äußerst schwierig – von der Entfernung von umgestürzten Bäumen bis zur Frage, wohin mit den Unmengen an Erde und Geröll. Dieses müsse aus naturschutzrechtlichen Gründen in Absprache mit dem Umweltamt in der Nähe wieder eingebracht werden. Im Stadtgebiet gibt es laut Wiedemann ganze zehn Hangrutsche, die beseitigt werden müssen. Der Rottachradweg sei aber auf der Prioritätenliste weit oben.