Grau statt Grün lautet offenbar das traurige Motto unseres Stadtoberhauptes und des Bauausschusses. Das Dach der Sparkassen-Tiefgarage sollte eigentlich begrünt werden – stattdessen soll jetzt eine Aussichtsplattform mit gekiester Rampe und Metallgeländer „Besucher anlocken“ und die nördliche Innenstadt „attraktiver machen“ (Siehe Kreisbote: „Aussichtspunkt für Sparkasse“). Man fragt sich: Was soll an einer Kieswüste „attraktiv“ sein?
Abgesehen von ästhetischen Bedenken habe ich meine Zweifel, ob Rampe plus Kies eine sinnvolle Kombination ist. Vermutlich rutscht der Kies abwärts, spätestens, wenn Leute darauf herumspazieren. Die Wabenmatten, die dies verhindern sollen, sind im Normalfall aus Kunststoff, werden peu à peu abgerieben und tragen zur Mikroplastik-Verseuchung der Umwelt bei. Regenwasser muss auch drainiert werden. Das klingt nach einigem Aufwand – materiell, personell und finanziell.
Wenn ich das richtig verstanden habe, ist diese Variante auch noch wesentlich teurer als die ursprünglich versprochene Begrünung. Hinzu kommen Folgekosten: man kann davon ausgehen, dass die Unterhaltskosten der begehbaren Rampe (Kies immer wieder hinaufschaffen und erneuern, sauberhalten, Verkehrssicherheit gewährleisten etc.) deutlich höher sind als die extensive Pflege einer Dachbegrünung. OB Kiechle betont sonst zu jeder Gelegenheit, dass die Stadt sparen müsse. Namentlich bei der Zumsteinwiese wurde aus Kostengründen unter anderem bei Sitzgelegenheiten und Bepflanzung der Rotstift angesetzt, statt Pflaster sollte Gussasphalt zum Einsatz kommen. Letzteres wurde durch die Regierung von Schwaben abgewendet – mit Verweis auf das für den Stadtpark abgerufene Städtebauförderprogramm „Zukunft Stadtgrün“ (laut Bericht im Kreisboten vom 3.6.2021). Aber hoppla: für die Aussichtsplattform will man nun ein anderes Förderprogramm („Sonderfonds Innenstädte beleben“) anzapfen. Ob das wohl im Sinne des „Stadtgrün“-Förderprogamms ist?
Heute Hü, morgen Hott: Dieses irrlichternde Hin und Her wirft kein gutes Licht auf die Verantwortlichen. Zumal es um einen sensiblen Bereich in historischem Umfeld geht. Und noch was: Kempten ist Klimakommune! Ich wünsche mir ein klares Bekenntnis zu diesem Anspruch – und entsprechende, konsequente Entscheidungen bezüglich Stadtentwicklung und Bauplanung. DIE Themen unserer Zeit – wie Stadtbegrünung, Aufenthaltsqualität, Klimaschutz, Biodiversität, Flächensparen – müssen auch im Bauausschuss endlich Einzug finden! Und überhaupt: Muss denn wirklich noch der allerletze Winkel des Stadtparks vom Menschen besetzt werden? Könnte man nicht der Natur eine kleine Ecke überlassen? Für die Sanierung der Tiefgarage wurden mehrere große, gesunde Bäume gefällt. Eine adäquate Ersatzpflanzung ist nicht geplant. Die Begrünung der Rampe mit insektenfreundlichen Pflanzen wäre zumindest ein kleiner Ausgleich für das verlorene Stadtgrün, ein paar symbolische Quadratmeter für die Artenvielfalt – und ein schöner Blickfang. Zudem leisten Pflanzen einen Beitrag zur innerstädtischen Kühlung in heißen Sommern. Und sie tun Seele und Gesundheit der Menschen gut, das ist wissenschaftlich erwiesen.
Wir meinen: An dieser zentralen Stelle sollten Stadt und Sparkasse ihrer Vorbildfunktion gerecht werden und ein Aushängeschild für Stadtbegrünung und Biodiversitätsförderung schaffen. Grün statt Grau muss die Devise sein!
Daher haben wir gemeinsam mit dem BUND Naturschutz einen offenen Brief an die Verantwortlichen verfasst: