Heiße Diskussionen gab es zuletzt im Umweltausschuss. Ein Landwirt aus Feigen (Mariaberg) hatte beantragt, einer Linde ihren seit 1935 bestehenden Status als Naturdenkmal abzuerkennen, um sie fällen zu können. Der Baum steht unmittelbar neben seinem Schuppen und der Besitzer hat Bedenken, dass die Linde umfallen und das Gebäude beschädigen könnte. Sowohl Roland Sauter vom Umweltamt als auch ein externer Baumbegutachter bescheinigten der Linde jedoch beste Gesundheit. Der Baum werde auf Kosten der Stadt jährlich geprüft und regelmäßig gepflegt und stehe zudem im Windschatten.
Trotz dieses positiven Befunds der Fachmänner stellten die Stadträte Josef Mayr und Peter Wagenbrenner (beide CSU) in ihren Wortbeiträgen die Gefahr heraus, die von dem Baum ihrer Meinung nach ausgehe. Doch wie bereits in anderen Ausschüssen machten sich die neuen Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat bemerkbar: unter den sonstigen Stadträten (FW, Grüne, SPD, FDP und FFK) herrschte Einigkeit, dass die Linde geschützt bleiben soll. Allgemeiner Konsens war, dass es eine Garantie freilich nicht gebe. Doch „Linden sind Tiefwurzler, die fallen nicht so leicht um!“ sprach sich Gerti Epple (Grüne) für den Erhalt des Naturdenkmals aus. Allein OB Kiechle schloss sich der Meinung seiner Parteikollegen an. (Siehe auch Artikel „Alte Linde bleibt erhalten“ im Kreisboten)
Insgesamt war die Sitzung des Umweltausschusses recht erfreulich. Hans Räth, der Energiemanager der Stadt, gab mit seinem 20. Energiebericht einen Überblick über die Energieeinsparungen bei den städtischen Liegenschaften: Die Umstellung auf Erneuerbare Energien sei ein riesiger Schritt in die richtige Richtung gewesen, hinzu kamen immense Energie-/CO2-Einsparungen bei der Straßenbeleuchtung und durch die Verbrauchsreduzierung bei Wärme und Strom z.B. in Schulen und Kindergärten. Von der Reduzierung der CO2-Emissionen um 81% profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch das Stadtsäckel mit Einsparungen von 1,1 Mio. €. Allerdings wies der Energiemanager auf den steigenden Strombedarf insbesondere in Schulen wegen zunehmender (digitaler) Ausstattung und in Kitas wegen erhöhter Nutzung hin. Die Kemptener Schulen schlagen immerhin mit einem Drittel des Gesamtverbrauches zu Buche (Straßenbeleuchtung: 18%).
Passend zum Thema Energie präsentierte Robert Koch vom Amt für Gebäudewirtschaft die Fortschritte bei der Nutzung von Solarenergie auf städtischen Dächern. Nach ausgiebiger Prüfung sollen nun auf zehn Liegenschaften Solarpaneele installiert werden. Ziel sei es, dass die Liegenschaften (die z.T. aus mehreren Gebäuden bestehen) ihren Eigenbedarf an Energie bestmöglich selbst abdecken. Laut Koch amortisiert sich eine Solaranlage bereits nach durchschnittlich zehn Jahren.
Klimaschutzmanager Thomas Weiß gab einen Überblick über die Anpassung des Masterplan 100% Klimaschutz an die Pariser Klimaziele. Der überarbeitete Titel soll Klimaplan 2035 heißen. Potenziale sieht Weiß insbesondere bei nachhaltiger Stadtplanung und -entwicklung, Ver- und Entsorgung/dem Ausbau Erneuerbarer Energien und bei der Mobilität.
Zum Schluss der Sitzung standen Artenvielfalt und Stadtbäume auf der Tagesordnung. Tina Großmann (Amt für Tiefbau und Verkehr/Grün- und Freiflächenmanagement) gab einen Überblick über diverse Blühflächen und Staudenpflanzungen, die auf städtischem Grund angelegt wurden. Neben Flächen außerhalb des Stadtgebiets wurde an der Lindauer Straße, am Waisentor und in der Gerberstraße im Sinne der Artenvielfalt gesät bzw. gepflanzt. Für die Blühstreifen testet die Stadt verschiedene Mischungen. Großmann wies darauf hin, dass es drei bis vier Jahre dauern kann, bis sich die Blühflächen etabliert haben.
Was ich von der Bilanz halten soll, die Großmann bezüglich Baumfällungen – Baumpflanzungen zog, weiß ich nicht so recht. Seit 2016 wurden unterm Strich vier Bäume mehr gepflanzt als gefällt. Ob man das nun als Erfolg verbuchen kann? Darüber könnte man wohl diskutieren. Immerhin ist grundsätzlich ein positiver Trend zu erkennen (2017: 9 Fällungen und 5 Pflanzungen (Bilanz: -4); 2018: 113 Fällungen und 58 Pflanzungen (Bilanz: -55); 2019: 57 Fällungen und 148 Pflanzungen (Bilanz: +91) sowie 2020: bisher ca. 99 Fällungen und 133 Pflanzungen (Bilanz: +34). Es dürfte klar sein, dass ein kleiner Jungbaum erst viele Jahren wachsen muss, um die gleiche „Öko-Leistung“ zu erbringen wie ein erwachsener Baum. Allerdings sind viele Bäume, die gefällt werden, krank oder abgestorben. Schwierig also, die Lage zu beurteilen. Ich sag’s mal so: Gefühlt müssten mehr Bäume gepflanzt werden.
Es würde den Rahmen sprengen, hier sämtliche Baumfällungen, die in der Sitzung einzeln vorgestellt wurden, zu kommentieren. Doch im Gesamteindruck schienen die Fällungen vonseiten der Stadt gut begründet zu sein. Ein besonderes Erlebnis waren die fundierten, durchdachten Ausführungen von Roland Sauter (Umweltamt), der die Anträge zur Fällung privater Bäume vorstellte. Dazu muss man wissen: Über die Fällungen auf städtischem Grund entscheidet das Grün- und Freiflächenmanagement der Stadt selbstständig, Fäll-Anträge von Bürger*innen bearbeitet hingegen das Umweltamt. Es beurteilt die Lage und gibt dem Stadtrat Empfehlungen, ob dem Antrag stattzugeben ist. Die Begründung, ein Baum verschatte das Grundstück, verursache Dreck und verstopfe mit seinem Laub die Dachrinnen, ist grundsätzlich nicht ausreichend, um eine Fäll-Erlaubnis zu bekommen. Die Stadträte folgten (bis auf eine einzige Gegenstimme Mayrs in einem einzigen Fall) den Empfehlungen Sauters. Wie die Entwicklung bei den städtischen Bäumen weitergeht, werden wir wohlwollend kritisch begleiten. Was aus der geplanten Einstellung eines „Baummanagers“ geworden ist, wurde leider in dieser Sitzung nicht erläutert.