Stammabschnitte nach Baumfällung im Stadtpark Kempten

Traurig, aber verständlich

Die Aufregung war erst einmal groß: Vorletzte Woche wurden im Stadtpark vier Bäume gefällt. Eine lakonische Pressemitteilung in der AZ kündigte an: „Die Stadtverwaltung informiert darüber, dass am Donnerstag, 6. Februar, vier Bäume im Stadtpark gefällt werden.“ Die Bäume wiesen „weniger Vitalität“ auf, Gutachten attestierten eine „verminderte Standsicherheit“…

Bei solchen Nachrichten schrillen bei uns natürlich alle Alarmglocken – doch nach Anrufen bei Kemptens Baummanager Josef Rauner und bei einem vertrauenswürdigen Baumexperten aus unserem Umfeld können wir in Bezug auf diese Bäume Entwarnung geben: Alle vier Bäume waren krank bzw. in erbärmlichem Zustand.

  1. Am auffälligsten ist der Baumstumpf der gefällten Kastanie in der Nähe des neuen Sparkassengebäudes. Der Baum war seit Jahren in sehr schlechtem Zustand und bereits mehrfach mit Seilsicherungen ausgestattet. Der Stamm faulte im Bereich des Kronenansatzes von innen heraus, daher war die Kastanie leider nicht mehr zu halten.
  2. Ein unterständiger Bergahorn in einer Reihe von Buchen gegenüber dem alten Sparkassengebäude hatte an dieser Stelle keine Chance auf eine gesunde Entwicklung und hatte sowieso kaum noch eine Krone.
  3. Ein weiterer Ahorn bei der vhs war ebenfalls unterständig (unter einer Buche „zwischenreingewachsen“). Der Baum hatte nur noch zwei Hauptäste, die man zur Verkehrssicherung noch weiter hätte einkürzen müssen.
  4. Ein Jungbaum, ca. 10 Jahre alt, ebenfalls unterständig, entwickelte sich nicht gut und hatte bereits massive Vergreisungsspuren.

Da müssen selbst wir als eingefleischte Baumfreunde einsehen: die Fällungen sind absolut verständlich. Laut Baummanager Rauner stehen übrigens allein im Stadtpark 30 Bäume unter strenger Beobachtung (im ganzen Stadtgebiet werden 180 „Problem“-Bäume regelmäßig von Baumexperten kontrolliert). Für ihn ist klar: in den nächsten Jahren werden noch weitere Bäume im Stadtpark gefällt werden müssen.

„Nach der Fällung werden neue Bäume im Stadtpark gepflanzt, um die Grünflächen nachhaltig zu erhalten und die ökologische Vielfalt zu fördern“, heißt es weiter in der Pressemitteilung. Man darf gespannt sein, wie viele Bäume gepflanzt werden (und wo). Angesichts des alternden Baumbestands sind Nachpflanzungen auch dringend nötig. Meiner Meinung nach müsste die Stadt nicht nur die gefällten Bäume ersetzen, sondern in großem Stile neue Bäume nachpflanzen. Denn wenn es so weitergeht und immer nur das Nötigste ersetzt wird, ist unser Stadtpark in 20 Jahren mehr oder weniger kahl.

Eins der größten Probleme, das ich sehe, ist die Allgäuer Festwoche. Zum einen leiden die Bäume (wie auch die Grünflächen) jedes Jahr unter den Strapazen des Events: Verdichtung des Bodens und damit Schädigung der Feinwurzeln durch Fußgänger und Fahrzeuge, Schädigung der Baumkronen und Äste beim Auf- und Abbau der Festzelte, Urin an Baumstämmen… Zum anderen werden die Grünflächen offensichtlich gezielt für die Festwoche freigehalten. So sind die Möglichkeiten für Neupflanzungen extrem eingeschränkt. Erinnert sich noch jemand an den frühjährlichen Blauglöckchen-Zauber auf der großen Wiese? Seit der Neugestaltung des Stadtparks sind sie verschwunden, genau wie die Enten, die ihren Teich verloren haben. Auch wenn es so mancher Festwochenfan nicht gerne hört: für unseren Stadtpark ist die Festwoche die Pest!