Am 10.7. fand das Klimasymposium des BUND Naturschutz Kempten-Oberallgäu statt. Ein echtes Highlight war der Vortrag „Deutschland klimaneutral: Was ist jetzt zu tun?“ von Prof. Dr. Martin Steyer: Anschaulich, faktenreich und kurzweilig schilderte er, was zu tun ist, damit Deutschland klimaneutral werden kann. Im Kern geht es darum, dass wir die CO2-Emissionen reduzieren – indem wir aufhören, Kohlenwasserstoffe zu verbrennen und gleichzeitig Senken aufbauen, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen.

Es gibt laut Steyer fünf große wissenschaftliche Studien (die „Big Five“), die eine gute Richtlinie bieten. Alle kommen zu dem Ergebnis, dass – bei hochambitionierter Transformation – Treibhausgasneutralität bis 2045 möglich ist. Politiker sollten, so Steyer weiter, auf die Wissenschaft hören (z.B. Agora Energiewende) und die in den Studien vorgeschlagenen Maßnahmen umgehend umsetzen. Die Technologie für eine klimaneutrale Zukunft sei da, einige gute Gesetze seien auch vorhanden, aber es müsse noch mehr geschehen und schneller gehen.

Der Energiebedarf pro Person (ca. 112 kWh pro Tag) wird derzeit v.a. über fossile Energieträger gedeckt. Ziel muss es sein, den Primärenergiebedarf (für Verbrennungsmotoren, Gasheizungen etc.) zu senken, auf Erneuerbare Energien umzusteigen und die Energie durch technologische Transformation effizienter zu nutzen.

Strom aus Wind- und Sonnenkraft ist dabei als Energie am besten direkt zu verwenden, ohne Umweg über „grünen“ Wasserstoff. Steyer erklärte, warum auch E-Fuels, Holz und Biogas als Energieträger nicht die Lösung sind: das Problem ist in erster Linie der übermäßige Flächenverbrauch für den Anbau bzw. die Herstellung im Verhältnis zum Ertrag. Photovoltaik ist dabei um den Faktor 15 besser (weil wesentlich effizienter) als Energiepflanzen. Statt Pflanzen für die Energiegewinnung und Ernährung von Nutztieren anzubauen müsste man Flächen umwidmen, weg von der Tierhaltung hin zu z. B. Wäldern als natürliche CO2-Senken.

Und warum tun wir nichts bzw. warum sträuben sich viele Menschen gegen den Wandel? Das liegt, so Steyer, an der kognitiven Dissonanz. Dies sei beim Fleischessen ähnlich wie beim Rauchen: Man weiß zwar, dass es gesundheitsschädlich und klimaschädlich ist, tut sich aber schwer, darauf zu verzichten. Außerdem manipulieren die großen Ölkonzerne gezielt mit Desinformation zum Klimawandel, weil sie die großen Verlierer wären bei einem Ausstieg aus den fossilen Energieträgern. Die Folien des hervorragenden Vortrags „Deutschland klimaneutral: Was ist jetzt zu tun?“ von Prof. Dr. Martin Steyer findet ihr auf der Online-Plattform OPUS 4 der Hochschule Kempten.

Richard Mergner, der Vorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern, informierte im Anschluss über die Aktivitäten des Bund Naturschutzes in Bayern und speziell im Allgäu. Der BN ist zwar politisch neutral, mischt aber als Lobbyist für Umwelt- und Naturschutz in der Politik mit.

Als Höhepunkt des Abends interviewten drei Schülerinnen der Klimaschule Hildegardisgymnasium die Landtagskandidaten der verschiedenen Parteien zum Thema Klimaschutz im Allgäu. Z.B. warum am Ausbau der B12 festgehalten werde, obwohl doch klar sei, dass dies hohe zusätzliche CO2-Emissionen bedeute. Die Details zu den Fragen (und den Antworten der Politiker) würden jedoch leider den Rahmen dieses Blog-Beitrags sprengen.

Christina Mader moderierte souverän die spannende, abwechslungsreiche Veranstaltung.

(Juliane Brausewetter und Gesine Weiß)