Ein klägliches Bild geben die Bäume vor fetzer + pfund / Sport Buck in der Lindauer Straße ab. Nach einer radikalen, nicht fachgerechten Schnittmaßnahme kann man durchaus von einem Totalschaden sprechen: die Hälfte der Krone ist jeweils zerstört und damit das natürliche, harmonische Erscheinungsbild des Baumes (unter Fachleuten „Habitus“ genannt).

Für alle Laien sei an dieser Stelle kurz erklärt, was solche Kappungen auslösen – den Wenigsten ist wohl bewusst, dass dies nicht nur hässlich ausschaut, sondern auch massive Auswirkungen auf den Baumorganismus hat. Dem gängigen Argument, „die werden schon wieder austreiben“ ist entschieden zu widersprechen; die Bäume sind in eine Art Überlebens-Not-Modus geschnitten worden und werden im Frühjahr mit Nottrieben reagieren. Mit einer natürlichen, gesunden Erholung ist dies aber nicht gleichzusetzen! Der gekappte Baum ist unter Umständen in der Lage, im Laufe vieler Jahre wieder eine Krone zu generieren, diese entspricht aber nicht mehr dem ursprünglichen harmonischen Bild: Anstelle der natürlichen Abstufung von starken Ästen bis zu feinen Zweigen entsteht ein unkontrollierter „Besenwuchs“. Lässt man solche Bäume weiter in die Höhe wachsen, wird die Krone instabil und bricht schneller bei Belastung (z.B. durch Schnee oder Sturm).

Durch den massiven Verlust an Feinästen und damit an Blattmasse verliert ein derart gestutzter Baum seine Vitalität. Das heißt, dem Baum steht weniger Energie zur Verfügung, um sich zum Beispiel gegen Hitze, Wassermangel oder Schädlinge zu wehren. Seine wichtigen Funktionen als Sauerstoff- und Schattenspender, CO2-Speicher und Feinstaub-Filter kann er kaum mehr erfüllen. Auch von einer optischen Bereicherung des Straßenbildes kann nicht mehr die Rede sein.

Der Stadt Kempten ist in diesem Fall übrigens kein Vorwurf zu machen – die Bäume stehen auf privatem Grund. Es sei darauf hingewiesen, dass baumzerstörende Schnittmaßnahmen dieser Art gegen die Kemptener Baumschutzverordnung verstoßen und in keinster Weise dem Stand der Technik der fachlichen Baumpflege entsprechen. Von Nachahmung sei dringend abgeraten!

(Gesine Weiß, in Zusammenarbeit mit Kerstin Stark und Christian Knaus)