Die autofixierte Stadtpolitik Kemptens nervt manchmal schon ein bissl. Wie bereits im Blog berichtet, soll (mit dem Abbruch des ehemaligen Sparkassen-Gebäudes) die ZUM verlegt werden. Die Verwaltung schlug nach ausführlicher Prüfung unter anderem vor, als Alternative zwei neue Umsteigepunkte einzurichten: Einen am Hauptbahnhof und einen in der nördlichen Innenstadt im Bereich der Rottachstraße. Als Interimslösung – bis eine dauerhafte Lösung für den nördlichen Umsteigepunkt existiert – soll der Bereich zwischen Residenz und ehemaliger Galeria als Umsteigepunkt dienen. Um die Sicherheit für ein- und aussteigende Fahrgäste der Busse zu gewährleisten, sollte die Durchfahrt für den MIV (Motorisierten Individualverkehr, sprich: Autos) zwischen Hildegardplatz und ehemaliger Galeria unterbunden werden.
Näheres über die möglichen Umsteigepunkte im Kreisboten: ZUM-Nachfolge: Welcher Standort in Kempten macht das Rennen?
Grundsätzlich ist sich der Großteil der Stadträte einig, dass die ZUM verlegt werden soll. Im Mobilitätsausschuss vom 27.11.2023 wurde die Interimslösung sogar einstimmig beschlossen. Doch im Nachgang sorgt sie für Diskussionen. In der letzten Stadtratsitzung im Dezember wurde die Entscheidung auf Antrag der Fraktionen von Freien Wählern und CSU vertagt. Hauptgrund ist offensichtlich – man ahnt es: der Autoverkehr soll eingeschränkt werden! Oh my god!
Hier mein Leserbrief in der AZ zu dem Thema (Zum Artikel „Freie Wähler gegen Sperrung für Autos“ in der AZ vom 30.11.2023):
Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer muss Priorität haben! Man stelle sich das Chaos vor, wenn sich zwischen den Bussen, ein- und aussteigenden und die Straße überquerenden Personen ungeduldige Autofahrer durchschlängeln. Das kann keiner ernsthaft wollen.
„Ideologisch“ sind nicht die Pläne, den Autoverkehr einzuschränken (wie Herr Kibler behauptet), sondern das Beharren auf einer übertrieben autofreundlichen Politik entgegen allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Zahlreiche Studien belegen: Der Einzelhandel profitiert von einer fußgänger- und fahrradfreundlichen Stadtgestaltung! Wo keine Autos fahren, steigt die Aufenthaltsqualität, die Menschen verweilen, flanieren, besuchen mehr Läden und kaufen mehr ein.
Wenn an den Langen Ständen ein paar Parkplätze wegfallen, wird definitiv nicht die Welt (bzw. die nördliche Innenstadt) untergehen – es gibt reichlich Parkplätze in fußläufiger Entfernung: Pfeilergraben, Hildegardplatz, Sparkassen-Tiefgarage, selbst der Königsplatz ist nur drei Gehminuten entfernt. Auf dem gewonnenen Platz könnte man ein offenes Wohnzimmer schaffen; mit Pflanzen und Sitzbänken, um den Blick auf die Residenz zu genießen.
Ich hoffe, unser Stadtrat setzt auf Fakten statt Ideologie und nutzt diese Chance, Kempten ein Stück lebenswerter zu machen.
Man darf gespannt sein, wann sich die Stadträt*innen zu einer Entscheidung durchringen. In der heutigen Sitzung des Stadtrates (25.1.2024) steht das Thema nicht auf der Tagesordnung. Doch die Uhr tickt – schließlich soll in diesem Jahr mit den Bauarbeiten im Sparkassen-Quartier begonnen werden…
Weitere Infos zur Neuaufstellung des ÖPNV: Ist die ZUM bald Geschichte? (Kreisbote)